Urteil: Kein Anspruch auf Herausgabe einer Videoaufzeichnung bei unzumutbarem Aufwand

Urteil: Kein Anspruch auf Herausgabe einer Videoaufzeichnung bei unzumutbarem Aufwand

OVG Berlin-Brandenburg – Urteil vom 13.05.2025, Az. 12 B 14/23

Es besteht kein Anspruch auf Herausgabe einer Kopie einer Videoaufzeichnung im Rahmen eines Auskunftsbegehrens, wenn die Identifizierung des Betroffenen einen unzumutbaren Aufwand erfordert. Die Auskunftserteilung ist dann gemäß Art. 11 Abs. 2 i.V. m. Art. 12 Abs. 2 Satz 2 DS-GVO ausgeschlossen. weiterlesen

Hintergründe des Urteils:

 

Der Kläger begehrte Herausgabe einer Kopie einer bestimmten Videosequenz von einem konkret benannten Tag der Videoaufzeichnung, und zwar im Rahmen eines Auskunftsbegehrens gemäß Art.15 DSGVO.

 

  1. Das Gericht stellte zunächst fest, dass es sich bei der Videoaufnahme um personenbezogene Daten handelt, auch wenn die Personen nicht unmittelbar durch die Stelle, die die Videoaufzeichnung erstellt, identifiziert werden können. Es reicht aus, dass es objektiv möglich ist. Nach Ansicht des Gerichtes „sollten alle Mittel berücksichtigt werden, die von dem Verantwortlichen oder einer anderen Person“ wie hoch herangezogen werden können“. Das Gericht nennt hier die Möglichkeit, dass Dritte in Gestalt der Strafverfolgungsbehörden die Person identifizieren können. Das Gericht sieht auch in der geringen Quote erfolgreicher Identifizierungen kein Gegenargument, „da das Potenzial der Identifizierung für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Datenschutz-Grundverordnung ausreicht“.
  2. Nach Ansicht des Gerichtes ist der Betroffene auch als betroffene Person anzusehen, weil er spezifische Angaben zu Zeitraum, Ort und seinem äußeren Erscheinungsbild und seinem Verhalten mitgeteilt hat. Ob er letztlich identifiziert werden kann, muss der jeweilige Verantwortliche klären.
  3. Das Gericht kommt jedoch zum Schluss, dass der Auskunftsanspruch gemäß Art. 11 Abs. 2 i.V. m. Art. 12 Abs. 2 Satz 2 DS-GVO ausgeschlossen ist. Die Betroffene kann nicht ohne Weiteres identifiziert werden.

 

Die Identifizierung und Identifizierbarkeit der betroffenen Person ist für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten einer Videoaufnahme nicht das Ziel. Das Gericht urteilt:
Solche Datenverarbeitungen ohne gezielten Personenbezug erfasst Art. 11 Abs. 1 DS-GVO“.

 

Im konkreten Fall hat die verantwortliche Stelle nachgewiesen, dass sie nicht in der Lage ist den Betroffenen auf den Videoaufzeichnungen zu identifizieren. Diesbezüglich trifft das Gericht eine interessante Entscheidung zur Identifizierbarkeit mit einem bisher noch nicht berücksichtigten Argument, nämlich dem zumutbarem Aufwand zur Identifizierung:

 

„Für die Frage der Identifizierbarkeit gemäß Art. 11 Abs. 2 Satz 1 DS-GVO kommt es nicht darauf an, welche Maßnahmen die Klägerin theoretisch – im Sinne einer faktischen Realisierbarkeit – hätte ergreifen können, um den Beigeladenen auf den Videoaufnahmen ausfindig zu machen. Vielmehr ist darauf abzustellen, welcher Identifizierungsaufwand dem Verantwortlichen im Einzelfall zumutbar ist“.

 

Dabei verweist das Gericht unter anderem auch auf das Datenschutzkonzept des Verantwortlichen, wonach nicht ohne weiteres auf Videoaufzeichnungen zugegriffen werden kann.

 

„Die dezentrale Speicherung der Aufnahmen, die Sicherung der Datenträger gegen unbefugte Entnahme, der mehrstufige Prozess zur Auslese der Datenträger an einem speziell geschützten Arbeitsplatz, die Autorisierung nur weniger Personen zur Bearbeitung der Daten sowie deren limitierte Zugriffsrechte ohne die Möglichkeit der Einsichtnahme, die eng begrenzte Speicherdauer und die Auswertung allein auf Anforderung der Strafverfolgungsbehörden bilden zentrale Bestandteile des Datenschutzkonzepts“.

 

Würde man diese Einschränkungen für den Zugriff aufweichen, nur um Auskunftsansprüche umsetzen zu können, dann würde der Verantwortliche Datenverarbeitung zu Identifizierungen von Personen zur Umsetzung der Betroffenenrechte betreiben. Genau dies ist aber gemäß Art.11 DSGVO nicht notwendig.

 

Den Volltext des Urteils finden Sie hier

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